Beim Dirigententag wurden Erfahrungen ausgetauscht und die Zuhörer gleich musikalisch mit eingebunden

Bad Königshofen (hf). Aus dem gesamten Verbandsgebiet des Nordbayerischen Musikbundes hatte Bundesdirigent Ernst Oestreicher Dirigenten, Vorsitzende und Funktionäre der Musikvereine zum Dirigententag eingeladen. Im Mittelpunkt stand das Ausbildungskonzept der Bläserklasse. Wie Oestreicher sagte, entscheiden sich immer mehre Kinder und Jugendliche für diese Art der musikalischen Ausbildung. Einen Einblick in solch eine Bläserklasse gab Tanja Domes mit ihren Musikerinnen und Musikern aus der Gartenstadt Bad Neustadt. Sie berichtete im Anschluß daran von ihren Erfahrungen, ebenso wie Norbert Henneberger, seines Zeichens Stadtkapellemeister und Leiter der Musikschule Stein in Mittelfranken.

Das stieß auf großes Interesse, wobei sich die Teilnehmer des Dirigententags vor allem für die praktische und organisatorische Ausführung dieser Unterrichtsform interessierten, durften sich unter Dirigent Henneberger gleich selbst einmal solch eine Bläserklasse spielen. Schließlich hatte fast jeder sein Musikinstrument mit dabei und so sammelte manch einer auf diesem Gebiet erste Erfahrungen. Natürlich gab es dann auch weitere Tipps für die Gründung von Bläserklassen. Kompetenter Ansprechpartner war hier Andreas Kleinhenz, Geschäftsführer des Nordbayerischen Musikbundes. Er berichtete auch über seine Erfahrungen in der Zusammenarbeit von allgemeinbildenden Schulen und Musikvereinen.

Welche Literatur es für den Anfangsunterricht, insbesondere für Gruppen und Ensembles, auf dem Markt gibt, erfuhren die Teilnehmer von Birgit Schniske. Bundesjugendreferent Hubert Pfister stellte abschließend Fördermaßnahmen des Musikbundes vor, die neben dem aktiven Musizieren in den Vereinen für die Bläser und Schlagzeuger derzeit angeboten werden. Viel Zeit blieb zur Diskussion über das Ausbildungskonzept von Bläserklassen. Am Ende hatten sich die Teilnehmer von den Chancen und Vorteilen dieser modernen Unterrichtsform für acht- bis zehnjährige Kinder überzeugt, waren sich aber auch über den damit verbundenen organisatorischen Aufwand im klaren.

Bundesdirigent Ernst Oestreicher stellte in seinen Ausführungen den qualifizierten Instrumentalunterricht heraus, der mit engagiertem Ensemblemusizieren verbunden werden sollte. Denn, so Oestreicher: Ohne ein Ausbildungskonzept werde ein Verein auf Dauer nicht überleben. Der Bundesdirigent ging zunächst auf den Wandel des Selbstverständnisses der Blaskapellen in den letzten Jahrzehnten ein. Er nannte die Kapelle als Teil der Sozialgemeinschaft, die im kirchlichen Bereichaber auch bei Anlässen in der politischen Gemeinde aktiv sei. Die Kapelle sei aber auch als Freizeitgemeinschaft ein Begriff und für so manchen ein Nebenerwerb. Herausgestellt hat Ernst Oestreicher aber auch den Musikverein als, wie er sagte „Nachwuchsreservoir für eine Blaskapelle“. Der Musikverein habe weiterhin das Ziel der außermusikalischen Jugendbildung.

Herausgestellt hat er in seinen Ausführungen aber auch die Probleme, unter denen viele Musikkapellen heute leiden. Zum einen sei das die Überalterung, zum anderen würden sich Jugendliche nicht mehr so leicht motivieren lassen und mit der Schulentlassung sei auch oft der Austritt aus der Musikkapelle verbunden. Auffallend sei dies durch das Fehlen der 30 bis 50jährigen in den Vereinsaktivitäten. Ganz deutlich sei natürlich auch die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Vereinsaktivitäten zu bemerken. Schließlich werde die Kinderzahl weniger. Erfreulich sei dagegen, daß Eltern heute die außerschulische musikalische Jugendbildung als einen wichtigen und sinnvollen Weg der Selbstfindung eines jungen Menschen sehen und diese Aktivitäten fördern.

Für einen modern geführten Musikverein sei es deshalb ganz wichtig, sich möglichst früh in seinem Einzugsgebiet um Kinder und Jugendliche zu bemühen. Der Bundesdirigent nannte dabei die musikalische Krabbelstube – Musikgarten von 1/1/2 bis 3 Jahre, die musikalische Animation ab 3 Jahre, die musikalische Früherziehung von 4 – 6 Jahren, die musikalische Grundausbildung im Alter von 5 bis 6 Jahren, den frühinstrumentalen Unterricht ab 6 Jahren und schließlich die Bläserklasse mit Kindern zwischen acht und zehn Jahren. Wichtig sei der instrumentale Gruppen- oder Einzelunterricht möglichst über einen langen Zeitraum. Danach sollte der Jugendliche im Vororchester, dann in der Jugendblaskapelle und je nach Begabung im Symphonischen Blasorchester seinen Platz finden. Nicht vergessen hatte Oestreicher die Seniorenkapellen. Ernst Oestreicher: „Es ist unbestritten, dass gerade die Musikvereine heute überleben, die eine sinnvoll strukturierte Musikausbildung anbieten.“ 

Die instrumentale Musikausbildung im Musikverein sei somit die Chance für die Zukunftsfähigkeit eines Vereins. Ausführlich ging der Bundesdirigent dann auf die Ziele in der Ausbildung ein. So soll im Instrumentalunterricht erreicht werden, dass Schüler möglichst bald, ohne Frust und mit Freude musizieren können. Wichtig sei es möglichst viele Kinder und Jugendliche einer Gemeinde zu bewegen, im Musikverein aktiv zu musizieren. Der Nordbayerische Musikbund, so heißt es in der Satzung, sehe seine Aufgaben in der Verbreitung und Förderung der Musik, insbesondere der Blasmusik in ihrer Vielfalt, in der Gewinnung der Jugend zur musischen Bildung. Der Vereinsvorsitzende möchte, dass möglichst viele Kinder in der Blaskapelle spielen und damit der Erhalt der Kapelle und des Vereins gesichert werden. Die Eltern wiederum sehen es als Ziel, dass das Kind sich möglichst emotional und affektiv ausgleichen kann durch die Beschäftigung mit einem Instrument und dass das Kind in einer Gemeinschaft integriert wird. 

Zum Instrumentalunterricht zeigte Ernst Oestreicher die verschiedenen Möglichkeiten auf. Ganz wichtig sei jedoch ein Konzept. Unter anderen müsse der Verein dabei entscheiden, ob er in Eigenregie oder über die Musikschule seinen Instrumentalunterricht durchführt. In der Musikschule stehen professionelle Musiklehrer insbesondere für den Instrumentalunterricht zur Verfügung. Das Problem: Musikschulen verhalten sich Bläserklassen gegenüber oft ablehnend, ebenso einem Gruppenunterricht. Wichtig sei es für einen Verein alles daran setzen, frühzeitig eine Bindung an den Verein zu ermöglichen. Sinnvoll könne der Einstieg in den Instrumentalunterricht über eine Bläserklasse sein. Diese sei erfolgreich in der wechselnden Kombination von Gesamtensemble (als Element des gemeinsamen Musizierens) und Registergruppe (als Element der Kontrolle und individuellen Entwicklung des Schülers). Der Bundesdirigent zitierte schließlich Sokrates, der einmal sagte: „So ist also die Erziehung durch Musik darum die vorzüglichste, weil Rhythmus und Harmonie am tiefsten ins Innere der Seele eindringen und ihr Anstand und Anmut verleihen.“ 

Die musikalische Früherziehung bei Kindern und Jugendlichen ist wichtiger denn je. Dazu dienen unter anderem die neuen „Bläserklassen“. Dies wurde beim Dirigententag des Nordbayerischen Musikbundes in Bad Königshofen unter anderem besprochen. Eingeladen dazu hatte Bundesdirigent Ernst Oestreicher. Er verwies auf den Weg von der Bläserklasse bis hin zum symphonischen Orchester. Foto: Friedrich