Nach drei Jahren im Amt als Bundesmusikdirektor stellt sich Ernst Oestreicher aus Zeitgründen nicht mehr zur Wahl

Bad Königshofen (hf). Spaß habe es ihm schon gemacht, allerdings kosteten die beiden weiteren Ämter viel Zeit und so habe er sich entschieden, das Amt des Bundesmusikdirektors abzugeben, sagt Ernst Oestreicher. Er ist Direktor der unterfränkischen Berufsfachschule für Musik und Bundesdirigent des Nordbayerischen Musikbundes. Bei der Vollversammlung der Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände verabschiedete ihn Präsident Dr. h.c. Gerhard Weiser unter lang anhaltendem Beifall und verlieh ihm in Anbetracht der geleisteten vorzüglichen Dienste für die deutsche Blasmusik die Goldene Verdienst-Medaille des Internationalen Musikbundes CISM.

In den drei Jahren seines Wirkens für die BDBV habe sich Ernst Oestreicher engagiert für die Blasmusik in Deutschland eingesetzt, nicht zuletzt habe sich dies beim 3. Deutschen Bundesmusikfest gezeigt. Sein Nachfolger wurde Bernhard Stopp vom Verband Saarländischer Musikvereine zum Vorsitzender des Fachausschusses und damit zum Bundesmusikdirektor Blasmusik gewählt, seine Stellvertreter sind Franz Barthold vom Blasmusikverband Baden-Württemberg und Heiko Schulze vom Sächsischen Blasmusikverband. Der Fachausschuss Spielleutemusik hatte Dietmar Späthe in seinem Amt bestätigt. Der Verband führt nun den Namen "Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V.". Bei den Wahlen wurde Dr. Weiser als Präsident bestätigt. Der langjährige Vizepräsident Günther Jacoby, der zuletzt auch Schatzmeister war, wurde abgelöst von Wolfgang Roggatz, Präsident des Musikverbandes Schleswig-Holstein.

Rückblickend betonte Ernst Oestreicher, daß er mit beiden Stellvertretern Franz Barthold und Helmut Sommer sowie dem Bundesmusikdirektor der Spielleutemusik und seinen Stellvertretern einiges erreicht und manches bewegt habe. Die meisten Energien hääte aber das Bundesmusikfest gefordert. Im Team wurde die Programmstruktur entwickelt und die Organisation vor Ort weit über den ehrenamtlichen Rahmen hinaus unterstützt. Zur Vorbereitung des Bundesmusikfestes wurde in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Blasmusikverband und dem Nordbayerischen Musikbund eine Wertungsrichtertagung in der fränkischen Winzergemeinde Volkach durchgeführt. Das harmonische Zusammenwirken aller Juroren und Wertungsrichter beim 3. Deutschen Bundesmusikfest sei sicherlich auch auf diese Tagung zurückzuführen.

Ein Kompositionswettbewerb für Soloinstrument in Begleitung eines Blasorchesters und Spielleutekorps im Vorfeld des Bundesmusikfestes sollte für Laien spielbare Literatur bringen. Erfreulich, dass hier junge und noch unbekannte Komponisten die Preise gewinnen konnten. Acht der preisgekrönten Werke konnten in einem Konzert im Rahmen des Bundesmusikfestes uraufgeführt werden, erinnert sich der Bundesmusikdirektor a.D. Die Rahmenordnungen für die Konzertwertungsspiele, die Marschmusikbewertung und die Wettbewerbe wurden in seiner Zeit erneuert und der Zeit angepasst, ebenso die Kriterien für die Auswahl der Wertungsrichter und Juroren. Neben dem bewährten B-Lehrgang in Trossingen wurde unter der Trägerschaft der Bundesakademie und der BDBV an der Bläserakademie in Sachsen ein weitere B-Lehrgang installiert, der durch die Zusammenarbeit mit den professionellen Musikern des Rundfunkblasorchesters und unter Leitung eines erfahrenen Dirigenten Jochen Wehner eine ganz eigene Schattierung erhielt. 

Bewährtes wurde beibehalten, so die alljährliche Fortbildung für Trossingen im Sommer: eine Woche Aktivurlaub unter der Leitung von Felix Hauswirth an der Bundesakademie. Der amerikanische Dirigent und Pädagoge David Whitwell hat der Bundesakademie in Trossingen sein Archiv zur Verfügung gestellt: Umfangreiche und wertvolle Buch-, Tonträger- und Notenbestände, die unschätzbar in ihrem Wert sind. Schließlich hat Ernst Oestreicher bei der letzten Sitzung des Fachausschusses in gemeinsamer Vorbereitung mit der Literaturkommission ein neues Stufenmodell für die Einteilung der Schwierigkeitsstufen der Blasorchesterliteratur eingebracht, welches das bisherige Modell der vier Schwierigkeitsstufen ersetzen soll. "Wir wollen hiermit nicht nur dem Wunsch im internationalen Blasmusikleben entsprechen, sondern durch diese Differenzierung in sechs Schwierigkeitsstufen auch den geänderten Ansprüchen unserer Orchester Rechnung tragen", erklärt er.

In die Wege geleitet wurde die Möglichkeit für leistungsfähige Orchester auf Vereins- und Verbandsebene, die mit der Höchststufe nicht mehr zufrieden sind und eine Differenzierung von schweren und sehr schweren Werken wollen. Die Einführung einer neuen Extraklasse über der Höchststufe soll aber auch dokumentieren, dass die Höchststufe nach wie vor die höchste Schwierigkeitsstufe im vereinsgebundenen Laienmusizieren darstellt, von denen man Sonderbedingungen wie Überregionalität oder gar Professionalität abgrenzen möchte. 

Neben der fachlichen Bilanzierung musste Oestreicher auch sein persönliches Zeitpotential überprüfen, wie er zukünftig mit zwei so großen Ehrenämtern wie das des Bundesmusikdirektors der BDBV und des Bundesdirigenten des Nordbayerischen Musikbundes zeitlich umgeht. Neben dem beruflichen Aufgabenfeld als Direktor der Berufsfachschule für Musik, das nur am Rande mit dem Aufgabenfeld "Blasorchester" zu tun hat und der Leitung zweier Blasorchester, die ein Höchstmaß an Qualität erreicht und damit auch an Aufmerksamkeit verdient haben, blieb kaum noch Zeit für kreatives Auftanken und Verschnaufen. Deshalb verzichtete er auf eine erneute Kandidatur. Die Konzentration auf den Nordbayerischen Musikbund und die bayerische Blasmusikszene erschien ihm deshalb geboten. Dort kann er leichter und entspannter der Blasmusikbewegung dienen. Auch bleibe nun Zeit, überverbandliche Entwicklungen zu beobachten und zu begleiten.

Ernst Oestreicher, Direktor der unterfränkischen Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen und Bundesdirigent des Nordbayerischen Musikbundes, legte nach dreijähriger Amtszeit das Amt als Bundesmusikdirektor nieder. Foto: Friedrich