Bombastisch bis berührend

Jahreskonzert der Blaskapelle des Musikvereins Hendungen

Hendungen. (frr) Der Himmel hing zwar nicht voller Geigen, aber die Bühne hing voll mit Blasinstrumenten. Das war nun ein wirklich nicht zu übersehendes Signal für das, was die über zweihundert Besucher am vergangenen Sonntag in der Mehrzweckhalle erwartete: das Jahreskonzert der Blaskapelle des Musikvereins Hendungen. Hochgehängt wie die Instrumente waren vermutlich auch die Erwartungen der Besucher. Denn der Musikverein hatte sich in den Jahren zuvor mit seinen großen Konzerten einen Ruf erworben, den es jetzt mit dem neuen Jahreskonzert zu rechtfertigen galt. Es sei gleich vorweg gesagt: Das ist rundum und überzeugend gelungen.

Im Vordergrund stand für den Dirigenten Adrian Blümm und sein großes Blasorchester wie auch für die Damen und Herrn des Gesangvereins unter ihrem Dirigenten Egon Werner natürlich der Wunsch, ihr Publikum gut zu unterhalten und mit gefälliger, abwechslungsreicher Musik zu erfreuen. Dies brachte auch Christoph Bach, der 1. Vorsitzende des Musikvereins in seiner Begrüßungsansprache zum Ausdruck. Seit September hätten die Musiker dafür mit ihren Dirigenten geübt. Blümm leitet auch das Nachwuchsorchester, teilte Bach mit, Petra Kihn habe die Blockflötengruppe übernommen und Benjamin Balling die Kids von der Bongo-Gruppe. Gäste seien auch unter den Instrumentalisten der Kapelle. Einer davon war Pfarrer Thomas Menzel, der den Wunsch gehabt hatte, auch einmal bei den Hendungern mitmusizieren zu dürfen. Der Wunsch wurde ihm natürlich liebend gern erfüllt, schmunzelte Bach. Besondere Gäste waren auch gekommen, nämlich die Ehrenvorsitzenden des Musikvereins Hans Köller, Georg Hartung und Manfred Escherich, Hendungens Bürgermeister Florian Liening-Ewert, sein Stellvertreter Alfred Kaiser und vom Nordbayerischen Musikbund der stellvertretende Vorsitzende Bernhard Friedl.

Noch vor Bachs Begrüßungsansprache hatte das Blasorchester mit dem ersten Musikbeitrag begonnen. Blümm hatte mit dem Einsatz gewartet, bis alles still war im Saal und mit Spannung zur Bühne hinaufschaute. Dann aber brach mächtige, ja bombastische Musik über die Zuhörer herein, ein Feuerwerk von Klängen. Und so hieß auch das Stück: Es war der 1. Satz der Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel, bei der die wuchtigen Pauken eine maßgebliche Rolle spielen. Da zeigte die Kapelle gleich, welch fulminante Musik sie zu machen weiß. Die Zuhörer spendeten beeindruckten Beifall.

Den durften sie aber noch oft spenden. Denn, wenn auch mit ganz anderer Musik, aber ebenso mitreißend, ging es weiter: George Gershwins „Rhapsody in Blue“, auf Deutsch etwa „Trauriger Gesang des fahrenden Sängers“ ist nur in Teilen etwas für Melancholiker. Dominierend sind die aufrüttelnden, orkanartigen, galoppierenden Passagen mit den zuckenden, unheimlich swingenden Rhythmen. Das als Blasorchester rüberzubringen ist eine Meisterleistung, die die Hendunger mit Bravour bestanden. Frech dagegen kam „Putting on the Ritz“ rüber, dieser Knie und Schultern verdrehende Charleston, mit seinem elektrisierenden, aufreizenden Rhythmus. Den spielte das Blasorcheter mit schöner Akzentuierung aus, eine Version, die zum Tanzen reizte. Später auch als Schlager in den 60er Jahren Deutschland bekannt geworden unter dem Titel „Heut nennt man Istanbul nicht mehr Konstantinopel“, u.a. von Gitte Haenning gesungen.

Dann eröffneten die ganz Kleinen von der Bongogruppe den zweiten Block der Darbietungen mit Arrangements von Benjamin Balling. Mit ihrem Lehrmeister Balling führten sie vor, wie abwechslungsreich das Trommeln mit den blanken Händen auf den kleinen, fellbespannten Resonanzkörpern sein kann. Und Spaß hatten sie auch dabei, der sich schnell auf das Publikum übertrug. So erhielten die zehn Buben und Mädchen auch reichen Applaus. Die Bongonesen machten danach rasch Platz für die Flötengruppe. Acht Buben und Mädchen zeigten, was sie bei Petra Kihn gelernt hatten, und das war schon für das Alter der Kinder sehr beeindruckend. „Seemannslied“ hieß das eine Stück, „Das freche Nikolauslied“ das andere. Auch sie erhielten ihren verdienten, anerkennenden Applaus. Den bekamen aber auch die jungen Leute vom Nachwuchsorchester. Die hatten sich mit ihrem Dirigenten Adrian Blümm schon an ganz schön anspruchsvolle Stücke gewagt und gezeigt, welchen Lernfortschritt sie bereits gemacht hatten.

Das Programm wurde danach mit der Ehrung verdienter Musikanten unterbrochen. Bernhard Friedl lobte die Hendunger für das bis dahin vorgetragene Konzert und bezeichnete es als Geste der Wertschätzung, wenn Musikprominenz (er meinte vermutlich sich selbst) zu einem Konzert wie diesem kommt. Zusammen mit Christoph Bach überreichte er dann die Ehrennadeln an die neun Musikanten (s. unten).

Den dritten Programmblock eröffnete das Blasorchester mit dem fröhlichen „Mars(ch) der Medici“ des Niederländers Johan Wichers. Ein typischer Vertreter dieser Musikgattung war dieser Marsch. Dirigent Blümm hatte den Wechsel von wuchtigen zu sanft gleitenden Teilen besonders schön herausgearbeitet. Ein Kontrapunkt war das nachfolgende Medley mit den großen Hits der Beatles. Auch hier kontrastierten die sanft-melodiösen Themen mit kraftvoll-akzentuierten Teilen, die die Zuhörer zu rhythmischem Mitklatschen veranlassten. Mit dem Wickie-Medley ging es in die Pause, wo die Gegensätze zwischen wuchtig-rennenden Tempi und schmeichelnd-singbaren Elementen noch stärker hervortraten.

In der Pause hatte sich der Chor vor der Bühne formiert. Er scheint eher den konventionellen Gesang zu pflegen, z. B. mit „Wo Musik sich frei entfaltet“, mit dem bekannten „Die Gedanken sind frei“, „Ein jeder Tag ist ein Geschenk“ oder einem sehr getragenen Loblied auf die Natur mit dem Titel „Komm stiller Abend nieder“. Einen besonders schönen Eindruck hinterließen dabei die Männerstimmen, die zu dem insgesamt sehr musikalischen Klang in Harmonie mit den Sopränen und Altstimmen wesentlich beitrugen.

Den letzten großen Programmteil bestritt wieder das Blasorchester. Er begann mit dem „Petersburger Marsch“, der durch die Parodierung „Denkste wohl, du Berliner Pflanze“ fast zum Gassenhauer geworden war. Die Hendunger spielten diesen Marsch mit solcher Bravour, dass man ihn getrost als Höhepunkt des Konzerts bezeichnen konnte: mit tollem Auftakt, mit dem ersten Ton schon, aber auch in den getragenen Teilen noch mitreißend, so dass man am liebsten losmarschiert wäre, frei weg in Gottes freie Natur im Sonnenschein. Diese Hingebung an die Natur an einem strahlenden Tag konnte man auch bei dem bayerischen „A miigeler (= gemütlicher) Sound“ empfinden. Dann aber in hartem Kontrast der „Thriller“: düster, bedrohlich, wuchtig, stampfend, ein Tanz der Vampire, endend mit einer gespenstischen Lache aus dem Orchester. Erneuter Kontrast: „Sound of Silence“. Wörtlich war die „Stille“ natürlich nicht zu nehmen, denn es gab sehr wohl einen Sound, wenn auch sanft und leise. Der sich aber zu einem grandiosen Fortissimo steigerte, um am Schluss wie verweht auszuklingen.

Vor dem letzten Programmbeitrag dankte Christoph Bach allen Mitwirkenden, besonders auch seiner Mitstreiterin Petra Kihn, der Querflötistin im Orchester. Sie hatte mit Charme und erstaunlicher Routiniertheit durch das Programm konferiert, hatte mit kenntnisreichen Anmerkungen die Stücke für die Zuhörer vorbereitet und damit einen Zugang zum besseren Verständnis eröffnet.

Mit dem temperament- und musikalisch anspruchsvollen „No Roots“ sowie mit zwei gekürzten Wiederholungen klang das Konzert aus. Der lange, herzliche Schlussbeifall verriet, wie gut es den Besuchern gefallen hatte.

Nach einem solchen Konzert, noch von der lebensfrohen Musik getragen, möchte man nicht gleich zum Alltag übergehen. Dem hatten die Veranstalter Rechnung getragen. Denn jetzt konnte jeder noch eine Weile sitzen bleiben und sich bei Kaffee und Kuchen mit Freunden und Tischnachbarn austauschen.

von Fred Rautenberg (Streutal-Journal, Nr. 140/2019 v. 07. Dezember 2019)


Die Geehrtendes Nordbayerischen Musikbundes:

Ehrennadel in Bronze für 10 Jahre aktives Musizieren:
Florian Buttkus, Maximilian Damm, Lukas Damm, Sven Mangold

Ehrennadel in Silber mit Urkunde für 20 Jahre aktives Musizieren:
Regina Bach

Ehrennadel in Gold mit Urkunde für 30 Jahre aktives Musizieren:
Tobias Bach, Martin Reußenzehn

Ehrennadel in Gold „35“ mit Urkunde für 35 Jahre Tätigkeit in der Vorstandschaft:
Burkard Fries, Manfred Reußenzehn

Petra Kihn ist eine große Stütze des Hendunger Musikvereins: Querflötistin im Orchester ist sie, Moderatorin durch das Programm, und außerdem leitet sie die Blockflötengruppe der Kleinen. Foto: Fred Rautenberg

Um den Nachwuchs des Blasorchesters in Hendungen ist es wahrlich nicht schlecht bestellt! Adrian Blümm, Dirigent der „Großen“, hat auch die Kleinen für das Jahreskonzert in Hendungen vorbereitet. Foto: Fred Rautenberg

Ehrungen beim Jahreskonzert in Hendungen: (v. l.:) Bürgermeister Florian Liening-Ewert, Lorenz Bach (2. Vorsitzender), Martin Reußenzehn, Maximilian Damm, Tobias Bach, Lukas Damm, Florian Butkus, Sven Mangold, Regina Bach, Manfred Reußenzehn, Bernhard Friedl (stellvertretender Vorsitzender des Nordbayerischen Musikbundes), Adrian Blümm (Dirigent) und Christoph Bach (1. Vorsitzender). Foto: Fred Rautenberg

Ehrungen beim Jahreskonzert in Hendungen: (hinten, v. l.:) Maximilian Damm, Florian Butkus, Martin Reußenzehn, Dirigent Adrian Blümm, Tobias Bach und Lukas Damm; (vorn, v. l.:) Manfred Reußenzehn, Sven Mangold, Christoph Bach (1. Vorsitzender), Petra Kihn, Bernhard Friedl (stellvertretender Vorsitzender des Nordbayerischen Musikbundes), Regina Bach und Lorenz Bach (2. Vorsitzender). Foto: Fred Rautenberg

Auch das ist Tradition bei den Hendungern: dass der gemischte Chor unter der Leitung von Egon Werner einen gewichtigen Beitrag zum Programm im Jahreskonzert leistet. Foto: Fred Rautenberg