Kreisversammlung in Heustreu

Elternhaus und Politik versagen

Heustreu (hf). Heftige Vorwürfe gegen Elternhaus und Politik gab es bei der Jahresversammlung des Kreisverbandes Rhön-Grabfeld im Nordbayerischen Musikbund bei einem Vortrag von Michael Reinhart (Jugendamt Rhön-Grabfeld) und Jürgen Pelz, Verkehrserzieher bei der Polizei Bad Neustadt. Ihr Thema: „Jugendschutz in der Praxis“ und „Erfahrungen bei der Umsetzung des Jugendschutzes“. Elternhaus und Politik würden versagen und die Verantwortung an Schulen und Behörden weiterschieben, sagten beide Referenten. Michael Reinhart ist seit 17 Jahren beim Landkreis Rhön-Grabfeld und hat sein Referat unter das Thema „Ist die Jugend am absaufen?“ gestellt.

Eingeladen hatte Kreisvorsitzender Helmut May zu diesem Vortrag und beide Referenten bedankten sich dafür. Es sei wichtig Vereine und Verbände für den Jugendschutz zu sensibilisieren. Jürgen Pelz war 25 Jahre im Schichtdienst und hat nach eigenen Angaben „das Elend auf den Straßen gesehen.“ Er hatte den auch Beispiele parat, die oftmals unter die Haut gingen. Prävention sei wichtig, meinten beide Referenten. An Aussagen der Eltern aus der Jugendzeit erinnerten die beiden und meinten zum Beispiel, daß immer wieder einmal gesagt wurde: „Jede Kuh hört auf zu saufen, wenn sie genug hat.“ Das sei bei der Jugend leider nicht mehr der Fall. Regeln würden sie kaum noch kennen und heute würden oftmals die Kinder, längst nicht mehr die Eltern bestimmen.“

Polizeihauptkommissar Jürgen Pelz brachte dann Beispiele. 2 Uhr morgens sei es gewesen, als man am Busbahnhof in Bad Neustadt ein Mädchen aufgriff, das so betrunken war, daß es nicht mehr ansprechbar war. Der Rettungsdienst wurde verständigt, die Jugendliche kam auf die Intensivstation des Kreiskrankenhauses. Als die Polizei die Eltern verständigte, hätten diese gemeint, daß das nicht möglich sei, daß ihr Kind so etwas nie tun werde. Ein weiteres Beispiel: Ein 16 Jähriger wurden orientierungslos an einem Festzelt aufgegriffen. Er hatte über zwei Promille. Die Eltern feierten an diesem Tag selbst. „Wo ist da die Verantwortung der Eltern?“ stellte Jürgen Pelz die Frag. Eltern würden einfach anderen diese Verantwortung überlassen.

Bei einem anderen Fall brachte die Polizei einen Jugendlichen nach Hause. Der schlich sich in sein Zimmer, während die Eltern den Polizeibeamten den Vorwurf machten, daß sie aus dem Schlaf geklingelt wurden. „Da hatten wir dann den schwarzen Peter“, sagte der Polizeihauptkommissar. Schon Sokrates habe im alten Griechenland festgestellt, daß die Jugend ihre Grenzen ausloten will. Wichtig sei es aber, daß sie Beispiel finden und von den Erwachsenen lernen. Jürgen Pelz sprach von schweren Verkehrsunfällen mit Jugendlichen, so unter anderem bei Saal oder auch bei Wegfurt, wo vier junge Menschen getötet wurden, weil ein entgegenkommender Fahrer unter Alkoholeinfluss stand. Auch in Saal sei Alkohol im Spiel gewesen. Der Polizeibeamte erinnerte an einen Unfall an Heiligabend, bei dem ein Jugendlicher getötet wurde. „Als ich nach Hause kam und meine Kinder Weihnachten mit feiern wollte, war mir ganz und gar nicht danach,“ sagte Jürgen Pelz. Sein Appell an die Jugend: „Alkohol, feiern und Autofahren gehören nicht zusammen!“

Michael Reinhart erwähnte in diesem Zusammenhang auch die Aufgaben des Veranstalters, der das Jugendschutzgesetz einhalten sollte. Er sei auch verantwortlich dafür, daß nichts passiert und die gesetzlichen Vorschriften beachtet werden. Aus der Versammlung wurde dazu aber das sogenannte „Kofferraumsaufen“ angesprochen. Dies geschehe immer öfter außerhalb des Festzeltes. Der Alkohol werde mitgebracht. „Da haben wir keinen Einfluß“, hieß es da. „Wenn Elternhaus und Politik versagen, dann müssen es die Vereine ausbaden“, hieß es bei der Kreisversammlung, wo sich zeigte, wie aktuell das Thema ist. Die Verantwortung für die Jugend sei wichtig und „wir wollen auch keine Feste kaputt machen,“ sagte Michael Reinhart, verwies dabei auf die Bestimmungen und Vorkehrungen des Landkreises Rhön-Grabfeld in Sachen Jugendschutz. Da sei vorbildlich und für andere Landkreise nachahmenswert.

Kreisvorsitzender Helmut May dankte den beiden Referenten für ihre Ausführungen und meinte, daß das Thema gerade für die Veranstalter sehr aktuell gewesen sei. Als Dankeschön gab es für Michael Reinhart und Polizeihauptkommissar Jürgen Pelz einen Notenschlüssel.

An schwere Verkehrsunfalle, bedingt durch Alkoholeinfluss erinnerte Polizeihauptkommissar Jürgen Pelz bei der Jahresversammlung des Kreisverbandes Rhön-Grabfeld im Nordbayerischen Musikbund in Heustreu. Eine Tote gab es zum Beispiel bei Saal an der Saal weil Alkohol im Spiel war. Foto: Friedrich

Als Dankeschön für das interessante Referat zum Thema „Jugendschutz in der Praxis“ überreichte Kreisvorsitzender Helmut May an Michael Reinhart und Polizeihauptkommissar Jürgen Pelz einen Notenschlüssel. Foto: Friedrich